Vor 9 Tagen fuhr ich mit Tim nach Ratzeburg, um mit ihm gemeinsam die Wettkampfstrecken ein letztes Mal unter die Lupe zu nehmen, bevor es dann am 30. August zum vermutlich letzten Ratzeburger
Inseltriathlon gehen sollte. Wir schwammen die Schwimmstrecke (2 km) in einer guten halben Stunde komplett ab und nahmen uns dann nach einem entspannten Wechsel eine gute Stunde für die Radrunde
(40 km, im Wettkampf zwei mal zu durchfahren und abschließend eine knappe dreiviertel Stunde, um die anspruchsvolle Laufstrecke im Laufschritt zu verinnerlichen (10 km, im Wettkampf
ebenfalls 2 Mal zu durchlaufen).
Wie sah der Rest meiner Vorbereitung aus? Nun, da es sich um meinen Hauptwettkampf in diesem Jahr handelte, muss man wohl jeden einzelnen Trainingskilometer in diesem Jahr irgendwo zur
Wettkampfvorbereitung zählen. In Zahlen handelte es sich dabei um über 250 Schwimmkilometer, über 2000 Laufkilometer und über 5000 Radkilometer (Renn- oder Zeitfahrrad). Innerhalb dieser
Radkilometer habe ich auch 8 mal den Inseltriathlonkurs durchfahren. Ich war also fleißig und alles spitzte sich auf diesen Wettkampf zu. Meine Erwartungen waren sehr hoch und demenentsprechend
nervös war ich auch im Vorfeld. Auch das Tapering sah dieses Mal anders aus. Der letzte ernsthafte Trainingswettkampf fand bereits 3 Wochen vor dem Inseltriathlon in Bornhöved in Form eines
Sprinttriathlons (0,5/21/5 km) statt. Dort konnte ich immerhin in einem starken Feld mit einer für mich sehr guten Radleistung den vierten Platz erreichen. Das Schwimmen war dort
in Ordnung, Laufen ging so, aber ich freute mich, endlich einen Fortschritt beim Radeln verzeichnen zu können. Das gab mir Zuversicht.
In den letzten 3 Wochen vor dem Wettkampf achtete ich auf meine Ernährung und anstatt des "gängigen" Ansatzes in der Vorwettkampfphase (Peakphase/Tapering), der Beibehaltung von Intensitäten und
Häufigkeit aber Reduktion der Trainingsdauer, setzte ich auf Beibehaltung von Häufigkeit und Dauer, aber Reduktion der Intensitäten, in der letzten Woche dann schließlich auch eine Reduktion des
Umfangs. Lediglich eine dosierte Einheit mit "Qualität" stand pro Disziplin noch an, am Montag schwamm ich unter anderem mit Tim nochmal von der Falkenwiese zur Wallbrechbrücke und zurück (ca.
3,6 km), am Mittwoch durfte ich im Rahmen eines Staffellaufs mit dem Intersport Mauritz Raceteam 5 Kilometer vollgas laufen (Vielen Dank an dieser Stelle an Claudius, Peter und
das ganze Raceteam!). Am Donnerstag gab es dann als letzten Rad-Tagesblock einen Stufentest (gute Viertelstunde bei Klaus) gefolgt von einer gut 50 km langen Tour um die Beine zu lockern
(entspannt an die Ostsee gurken, ein Fischbrötchen und ein Radler einverleiben und entspannt zurück). Den Rest der Zeit verbrachte ich mit noch lockereren, sehr kurzen Einheiten,
Carboloading (Bewährt hat sich: 700g KH 2 Tage vor dem Wettkampf, 3 und 1 Tag vor Tag X 300-500g) und meinem Foam-Roller.
Sonntag, der 30. August 5:00 Uhr: Der Wecker holt mich aus einem fünfstündigem aber guten Schlaf. Der erste Gang geht in die Küche, auf dem Speiseplan steht der bewährte
Haferbrei mit Banane und Zimt, dazu 2 Scheiben Weißbrot und eine Tasse schwarzer Kaffee. Die Tasche ist bereits gepackt, so verlass ich nach einer kurzen Aufweckdusche die Wohnung und treff mich
um 6 bei Tim, von wo wir gemeinsam nach Ratzeburg fahren.
Gegen 7 treffen wir an unserem sehr guten Wechselplatz ein, kurze Schiebewege, leicht zu finden, direkt nebeneinander, perfekt! 2 Meter weiter treffen wir auf Jan Svensson, dem Favoriten des
heutigen Tages. Wir begrüßen uns. Da er bereits einige Podiumsplatzierungen in der Einzelwertung der Regionalliga Nord inne hat, gestehe ich, dass ich gehofft habe, er sei heute in Bad
Zwischenahn beim letzten Regionalligarennen dieser Saison am Start, aber dass ich mich dennoch freue, ihn anzutreffen. Immerhin ist er für die meisten, nicht zuletzt für mich, annähernd
unschlagbar, aber auch ein sehr sympathischer Kerl! Gegen halb 7 sitzt dann auch der Neo, die Radflaschen sind befüllt (Dieses Mal setze ich komplett auf Flüssignahrung. Ein
Zucker-Isogemisch mit knapp 150g KH bzw. 70g/h in der Aeroflasche und eine Wasserflasche am Unterrohr.) und wir begeben uns zum Schwimmstart. Dort treffen wir dann auch Alex aus unserem
Team, der heute das erste Mal einen Mitteldistanztriathlon bestreitet. Für mich ist es das vierte Mal bei meinem Lieblingstriathlon, dem Inseltriathlon, jedes Mal war ich auf der
Mitteldistanz unterwegs. Heute war nicht nur der Wechselplatz perfekt, auch die Wetterbedingungen konnten kaum besser sein! Zwar kündigten sich leichte Schauer an, aber es war praktisch windstill
(im Norden eher eine Seltenheit), der See war glatt und sowohl Wasser- als auch Lufttemperatur ließen nichts zu wünschen übrig.
Punkt 7:40 Uhr: Der Startschuss ertönt und wir begeben uns nach einem zügigen Landstart ins Wasser. Nach der ersten Wendeboje finde ich mich in der "Verfolgergruppe" wieder.
Der See ist dermaßen ruhig, dass man gute Sicht nach vorne hat. Ein Blick nach vorne zeigt mir eine Gruppe von circa einem Dutzend Schwimmern. Ich schwimme in der Folge in einem kleinen
Grüppchen mit und kann viel Energie sparen und mich an schnelle, aber nicht zu schnelle Füße, hängen. So kann ich das Wasser dann bereits nach 30:21 min verlassen, ohne mich völlig zerstört zu
haben. Schon auf dem Weg zum Rad kann ich einen Platz gut machen und sehe dann Tim direkt vor mir. Gemeinsam machen wir uns fürs Radfahren fertig. Mein Wechsel läuft wie am Schnürchen und so
verlasse ich die erste Wechselzone bereits als 11. mit gerade mal 3 Minuten Rückstand, wie mir Tina zuruft. Danke nochmal an dieser Stelle, solche Infos helfen ungemein, erst recht, wenn es so
positive Nachrichten sind!
Kaum auf dem Rad, schlüpf ich möglichst schnell in die Radschuhe, da wenige hundert Meter nach dem Aufstieg schon ein steiler Anstieg folgt. Kurz, aber knackig - fürs große
Kettenblatt grenzwertig, es klappt dennoch. Kontrolliert geht es nach Gefühl weiter. Nur selten schau ich auf meine Uhr, um Herzfrequenz, Leistung, Trittfrequenz zu checken. Lediglich alle 5
Kilometer schaue ich stets auf die Uhr, um die Zwischenzeiten zu erfahren. Das erste Mal zeigt die Uhr 8:25 Minuten. Da ich nicht mehr die Teilzeiten aus dem letzten Jahr im Kopf habe, weiß ich
damit nicht allzu viel anzufangen, aber ich bin erstmal zufrieden. Was in der Folge geschieht, ist schlichtweg großartig. Die nächsten 7 Zwischenzeiten (also von Kilometer 5 bis 40)
spielen sich alle zwischen 7:39 und 7:46 ab! Die Beine fühlen sich großartig an und ich weiß, dass ich schnell unterwegs bin. Sehr beflügelnd. Bevor es auf die zweite Radrunde geht, nochmal
einen Schritt zurück: Nach 20 Kilometern kann ich bereits auf eine 2 Mann starke "Gruppe" auffahren und sie überholen. Mit dabei André Beltz, ein Starter aus der zweiten Bundesliga, den ich
gewiss vor dem Rennen schon auf dem Zettel hatte. Ich freu mich, ihn bereits so früh im Rennen zu sehen, damit war nun wirklich nicht zu rechnen. Nach dem Überholvorgang bleiben wir für den
kompletten Rest des Radabschnitts zu dritt. Zunächst überholt der dritte im Bunde, ein Cottbuser, hin und wieder, dann fahr ich wieder vor und ab der zweiten Radrunde fahr ich die ganze
Zeit ohne Unterbrechnung vorne mit den beiden anderen im Schlepptau. Ich drehe mich nach fast jeder Kurve um und sehe die beiden. Ein Abschüttelversuch am Berg kurz hinter Mölln bringt auch
nichts. Jedoch ist auch zu erwähnen, dass immer (zumindest immer als ich mich umgedreht habe) in einem fairen Abstand gefahren wurde, also 10 Meter oder mehr. Einen Kilometer vor Beendigung des
Radsplits überholt uns eine 3 Mann starke Gruppe um Olav Niedick, dem für gewöhnlich stärksten Radfahrer im Feld (dieses Mal "nur" mit dem zweit schnellsten Radsplit hinter Svensson). Ich freu
mich, da mein Plan eigentlich nicht vorsah, so spät von Olav "geschnappt" zu werden und so überhole ich kurz vor dem zweiten Wechsel nochmal die drei und erreiche in insgesamt unter 2:40 h meinen
Wechselplatz ein zweites Mal. Wenige Sekunden begegnen Tim und ich uns schon wieder in der Wechselzone! Beim Schwimmen und beim Radfahren selber haben wir uns nicht einmal gesehen, aber sowohl
den ersten als auch den zweiten Wechsel absolvieren wir praktisch zeitgleich. Verrückt, aber sehr erfreulich für beide von uns! Es lief sowohl bei Tim als auch bei mir extrem gut. Ab auf die
Laufstrecke!
André Beltz bewältigt den zweiten Wechsel als erster von uns. Was vermutlich die wenigsten von uns zu diesem Zeitpunkt wissen ist, dass es auch der dritte Platz im gesamten Feld
ist. Innerhalb von nur 50 Sekunden gehen 6 weitere Athleten, unter anderem auch Tim und ich, auf die Laufstrecke. Platz 3 bis 10 ist also sehr dicht beisammen. Innerhalb der ersten paar
Meter befindet sich ein Trias Flensburger und der Cottbuser (Philipp-Johannes) in meiner unmittelbaren Umgebung. Den Flensburger lassen wir kurze Zeit später zurück und ein paar Meter danach
sammeln wir auch gemeinsam Beltz ein. Nach dem ersten Laufkilometer und einem "kleinen Plausch" lässt Philipp-Johannes dann auch mich stehen und reißt in beachtlich kurzer Zeit eine
ordentliche Lücke zwischen ihn und mich. Auf der Mitte der ersten Laufrunde überholen wir dann auch nacheinander den bis zu diesem Zeitpunkt zweiten, Alexander Weiher, ein hervorragender
Schwimmer und Radfahrer, der bereits vor 3 Wochen in Bornhöved als erster die Wechselzone erreicht hat, heute als zweiter auf die Laufstrecke ging, das Rennen allerdings leider nicht beenden
wird. Ich merke, dass ich zwar nicht näher an Philipp-Johannes heran komme, er sich aber auch nicht weiter absetzen kann. Hat er vielleicht doch den anspruchsvollen Laufkurs unterschätzt?
Das sollte sich später noch zeigen. Zumindest bleibt er erstmal in Sichtweite. Nach der ersten Laufrunde erfahre ich dann das erste Mal von Tina, dass ich mich auf dem dritten Platz befinde. Ich
kann mein Glück kaum fassen. Dass es heute richtig gut läuft, ist mir schon klar, aber nicht, dass ich mich bereits nach 5 Laufkilometern auf einem Podiumsplatz befinden würde und das auch
noch mit dem zweiten Platz im Blickfeld. Es wird kontrolliert weiter gelaufen, Kilometer 14 wird ansatzweise von leichtem Seitenstechen begleitet. Ich nehme etwas Tempo heraus, laufe aber
kontrolliert weiter und merke, dass sich auch hier Philipp-Johannes nicht weiter absetzen kann. Als die Seitenstiche verschwinden und nur noch 5 Kilometer zu laufen sind, fühle ich mich mehr als
gut. Bis hier hin musste ich mich noch nicht vollends verausgaben und habe anscheinend genug Körner gespart, um nun meine Aufholjagd zu starten. Bereits nach einen Kilometer kann ich auf den
zweiten Platz auflaufen. Mit den Worten "starkes Rennen" kann ich überholen. Die Beine fühlen sich noch dermaßen gut an, dass die letzten 4 Kilometer wie im Flug vergehen - Wundervolle 15
Minuten!
Überglücklich erreiche ich als gesamt zweiter das Ziel hinter einem dominierenden Jan Svensson, der heute in jeder Teildisziplin die schnellste Zeit erreicht. Wie ich kurze Zeit später sehe, hat
es für mich auch bei der zweiten Mitteldistanz in dieser Saison für eine Endzeit unter 4 Stunden gerreicht - es war einfach ein perfektes Rennen! Bei meiner insgesamt siebten
Mitteldistanz und vielen weiteren Triathlons kann ich erstmals behaupten, dass wirklich alles wie am Schnürchen lief - das Schwimmen, das Radfahren, das Laufen, die Wechsel, die Ernährung, der
Rennverlauf an sich und das alles ohne Quälerei. Knapp eine Minute später trifft der Athlet des TSV Cottbus ein, 5 Minuten später als vierter nach einer hervorragenden Performance dann auch
der "local Hero" Tim. Bereits als 9. in einer Zeit unter 4:10 h beendet Alex seine allererste Mitteldistanz - alle Achtung!
Als wäre das nicht schon schön genug, tüten zu diesem Zeitpunkt ein paar hundert Kilometer weiter in Bad Zwischenahn 4 Jungs aus unserem Ligateam suverän den Klassenerhalt in der
Regionalliga Nord ein - Was für ein Tag!
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Tim (Mittwoch, 30 Dezember 2015 11:19)
Cooler Bericht! Freu mich auf weiteres Training!
Road to Kon.... ähhh Kopenhagen ;-)