Wie oft hat man schon die Ehre als Titelverteidiger in ein Rennen zu gehen? Die einen öfter, die anderen seltener. Für mich war es das erste Mal und irgendwo auch eine schöne Erfahrung. Man erntet die eine oder andere Vorschusslohrbeere und weiß bereits aus dem Vorjahr ziemlich genau, worauf man sich einlässt und was einem bevorsteht.,
Die letzten Tage vor dem Rennen waren trainingstechnisch gar nicht ganz so trivial. Eine Taperingphase über einen längeren Zeitraum hielt ich für ungünstig, da ich befürchtet hatte, dass dies die Form fürs Saisonhighlight in Frankfurt 4 Wochen später negativ beeinflussen könnte. So blieb mein Training immernoch zum Großteil Langdistanz-wettkampfspezifisch. Auch die Umfänge sollten sich bis 4 Tage vor dem Rennen kaum ändern. Am Montag fand ein lautete die Trainingsaufgabe: 20 Minuten hart Radeln auf dem Zeitfahrrad, dann 60 Minuten im Ironmantempo, gefolgt von weiteren 20 Minuten hart, am Dienstag dann nochmal 20 km Laufen im geplanten Ironmanwettkampftempo, am Mittwoch die erste richtige Freiwassereinheit der Saison (knappe Stunde/3,5 km). Lediglich am Donnerstag fiel das Training sehr kurz aus und Freitag und Samstag blieb komplett trainingsfrei, bildlich gesprochen also eher eine steile Erholung als ein behutsames Tapering. Begleitet wurde diese Zeit natürlich durch kulinarische Genüsse, wobei sich auch hier zum Rest der Saison kaum etwas geändert hat. Hier ein paar Eindrücke von dem, was ich mir so mit am liebsten mache:
Meine Erwartungen vom diesjährigen Wettkampf waren ganz anders als die Erfahrung des letzten Jahres. Die Führung bereits auf der ersten Laufrunde zu übernehmen hielt ich dieses Mal für ausgeschlossen. Ein Blick auf die Starterliste ließ mich einen Schwimmrückstand von circa 5 Minuten prognostizieren, den ich auf dem Rad wahrscheinlich auch nicht verkürzen könnte, was sich im Nachhinein aber als komplette Fehleinschätzung herausstellen sollte - zum Glück!
Der Startschuss musse kurzfristig um 20 Minuten nach hinten verschoben werden, was aber nicht weiter schlimm ist. Immerhin kann man das Wetter verglichen mit letztem Jahr genießen, denn diesmal lacht die Sonne und taucht den 7TT in strahlende Helligkeit. Ebenfalls anders als im Vorjahr: Das Schwimmen findet nicht mehr im Kanal Stadt sondern im Krähen- und Mühlenteich. Die Wassertemperatur ist mit ca. 20°C ideal, somit ist das Schwimmen im geliebten Neoprenanzug freigegeben und es ist noch kühl genug um das Schwimmen ohne Hitzeschlag zu überstehen. Kurz vor dem Start erhalte ich von unserem Schwimmtrainer Detlev noch den Hinweis, mich immer schön im Wasserschatten meiner Mitstreiter zu schwimmen. Der Startschuss ertönt und ich versuche mich daran, nicht zu hektisch, aber auch nicht zu langsam loszuschwimmen und positioniere mich irgendwo unter den ersten 20. Wie gesagt hänge ich mich nachdem sich das Feld sortiert hat an die ersten Füße, die ich finden kann. Die Physik erleichtert einem das Schwimmen schon erheblich. Obwohl das Tempo für meine bescheidenen Schwimmfähigkeiten schon ordentlich ist, kann ich schnell meinen Rythmus finden und lass mich im Sog der Vordermänner mitziehen. Einige Male als ich sehe, dass sich vor mir eine Lücke auftut, überhole ich, schwimme an den nächsten Athleten heran und bleibe für eine Weile in dessen Sog. Das ganze hat sogar 3 oder 4 Mal funktioniert. Bemerkenswert, da ich diesmal sogar das Gefühl hatte, mein Schwimmen kontrollieren zu können anstatt einfach nur darum zu kämpfen, nicht zu ertrinken, in die richtige Richtung zu treiben um irgendwann zufällig an der richtigen Stelle aus dem Wasser zu krabbeln. Diesmal hat es deutlich besser funktioniert und ich verlasse das Wasser nach nicht ganz 30 Minuten. Ich bekomme zusätzlich etwas merkwürdiges zugerufen: "2:20 Minuten Rückstand auf den Führenden!". Ich bin irritiert: Haben die sich verschwommen? Hab ich mich verschwommen? Naja, erstmal weitermachen, es sollte sich später als tatsächlich richtig herausstellen.
Es folgt ein knapp 500-Meter-langer Weg zur Wechselzone, auf dem ich bereits etwas Zeit gut machen kann. Auf dem Rad versuche ich schnell meinen Rythmus zu finden, bekomme aber die Herzfrequenz nicht runter. Einen Puls, den ich vor 2 Jahren nicht mal auf einer Kurzdistanz durchstehen konnte liegt nun unter dem, was ich auf dem Radcomputer sehe. Vielleicht war's einfach die Hitze. Zumindest bringe ich das Radeln nicht allzu unkonstant hinter mich. Erstaunlicherweise und geher zufällig, fahre ich direkt vorm zweiten Wechsel auf den Führenden auf. Bis zu diesem Zeitpunkt weiß ich nicht exakt, wo im Feld ich mich eigentlich befinde, durch die Moderation merke ich jetzt erst, dass ich mich zusammen mit einem Flensburger an der Spitze des Feldes befinde und anschließend sogar als erster meine Füße auf die Laufstrecke setzen darf.
Auf der Laufstrecke angekommen geht es erstmal Richtung Klughafenbrücke, dort verrät mir ein Blick über die Schulter, dass ich bereits eine kleine Lücke zwischen meinen Verfolger und mich herbeiführen konnte. Erstmals bei einem Triathlon habe ich auch ein Führungsfahrrad (mit Kai drauf) bei mir. Bei meinen bisherigen Siegen gab es entweder kein Führungsfahrrad oder ich übernahm die Führung zu spät. Diesmal begleitet mich Kai für komplette 20 Kilometer - Wie schön, welche Ehre!
Als der erste Kilometer auf der Laufstrecke geschafft ist vibriert meine Uhr und signalisiert mir mit "3:50 min" exakt mein erwünschtes Ziel Tempo. Nun wäre es schön, wenn die Geschichte so endet, dass ich das Tempo bis ins Ziel halten konnte und mein perfektes Rennen haben sollte, aber es kam anders - verdrehte Welt! Oft war es so, dass ich weniger gute Rennen hatte, aber mich doch auf die Laufleistung verlassen konnte. Oft hab ich beim Schwimmen ums Überleben gekämpft und das Laufen kontrolliert - dieses Mal aber ist es genau anders rum. Wären das Schwimmen dieses Mal wie gesagt recht angenehm war, geht es beim Laufen nur noch ums Durchhalten. Der erste Kilometer bleibt der schnellste, und zusammen mit dem 2. und 3. Laufkilometer sind dies auch die einzigen unter 4 Minuten! Im folgenden wird fast jede Getränkestation im Gehen passiert, hier und da verkrampfen meine Oberschenkel... Erst der eine, dann der andere, nicht jetzt! Die Krämpfe vergehen zum Glück wieder, zunächst drossel ich das Tempo, um zu vermeiden, dass ein Krampf gänzlich "ausbricht" und nicht viel später kann ich auch das Tempo gar nicht mehr hoch halten. Als ich vom Streckenrand allerdings die Information bekomme auch zum Ende hin mehrere Minuten Vorsprung zu haben, lautet das Motto nur noch durchhalten und... genießen - naja, genießen ging leider nicht mehr. Ob es doch ein Überzocken beim Radeln war und einfach nur die Hitze oder vielleicht doch eine deutlich schlechtere Laufform als im vergangenen - Ich weiß es nicht, aber es war wirklich, wirklich hart. Am Ende hat es gereicht. Der Zweitplatzierte, ein Berliner, ist ganze 5 Minuten schneller als ich gelaufen und ähnlich schnell geradelt, glücklicherweise und ironischerweise ist er aber ein paar Minütchen langsamer als ich geschwommen. Verdrehte Welt! Wie auch immer, die Titelverteidigung ist geglückt! YES!!
...und für alle Interessierten:
- Die Datenaufzeichnung vom Wettkampf
- Die Ergebnisliste
- Mein Chefkochprofil (ich würde mich über neue CK-Freunde freuen!)
Was geschah hinterher? Am darauf folgenden Sonntag konnte ich zum 10. Mal in meinem Leben 10 km laufend unter 35 Minuten beenden. Romantischerweise an selber Stelle, an der es mir erstmals
gelang, in Ratekau (damals 34:49, diesmal 34:43 min). Morgen geht es nach Schwerin, wo ich mein erstes Regionalligarennen für das Ligateam des TSV Bargteheide bestreiten darf und bis Frankfurt...
Tja, bis Frankfurt sind es nur noch 14 Tage und eine kurze Nacht!
Danke fürs Lesen, bis dann!
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