Wie ich bereits im Mai erwähnte, gehört der Halbmarathon zu meinen Lieblingsdistanzen beim Laufen, somit freue ich mich in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal die 21,0975 km unter die Füße zu nehmen. Also geht es nach 2012, 2013 und 2015 das vierte Mal nach Neustadt an der holsteinischen Ostseeküste. Früh am Morgen (für Sonntagsverhältnisse) setze ich mich aufs Rad und finde mich 80 Minuten später am vermeindlichen Veranstaltungsort wieder. Vergeblich suche ich nach irgendetwas, was nach einer Laufveranstaltung aussieht bis mir ein weiterer Teilnehmer über den Weg läuft und ebenso verwirrt wie ich zu sein scheint. Schnell finden wir heraus, dass der Startpunkt nach Pelzerhaken verschoben wurde. Naja, ein bisschen Zeit ist ja noch, also fahre ich noch 4 Kilometer weiter zum neuen Startpunkt - alles noch recht entspannt.
Da mein letzter Sieg schon ganze eine Weile zurück liegt (Oktober 2017 beim 10er in Neumünster), hatte es mich in letzter Zeit immer wieder nach diesem wunderschönen Gefühl gedürstet, nur wurde
es mir durch scheinbar unschlagbare Konkurrenz der Mehlfelds, Michalaks und Müllers dieser Welt alles andere als leicht gemacht. Der ärgster
Konkurrent am heutigen Tage, der Muluve, wurde bereits vorm Start gesichtet.
Pünktlich um 9 Uhr fällt der Startschuss. Das Starterfeld entzerrt sich recht schnell auf jener Strecke, die sich seit meinem ersten Start hier (abgesehen von der Verlegung des
Start/Zielbereichs) nicht wesentlich geändert hat. Zu zweit setzen wir uns allmählich ab. 10 Kilometer laufen wir vor-, hinter- und nebeneinander. Welches Tempo wir laufen ist mir zu dieser Zeit
nicht bewusst. Heute, spüre ich, ist ein Tag, an dem es besser zu sein scheint nicht auf die Uhr zu sehen und sich rein aufs Laufgefühl zu verlassen und das sagt... Puh, anstrengend, mal sehen ob
das gut geht. Viel schneller darf es also nicht werden und abgeschüttelt bekomm ich meinen Konkurrenten leider auch nicht so ohne weiteres. So geht es ziemlich genau einen viertel Marathon lang
bis ich merke, dass die Schritte, die eben noch neben mir und nun hinter mir ertönen, ein wenig leiser werden. In diesem Moment fass ich den Entschluss das Tempo ein bisschen anzuziehen und voilà
- da ist die Lücke. Die Herzfrequenz, die bis hier hin konstant im Bereich von 179 bpm lag, macht einen Sprung und bleibt fortan bei recht konstanten 186 bpm, einen höheren Gang gab es für mich
also definitiv nicht mehr am heutigen Tag. Ab jetzt gilt es, nicht nachzulassen, was allerdings bei 10 Kilometern bis zum Ziel leichter gesagt als getan ist. Ein paar Kilometer später am Ende
einer langen Gerade frage ich einen Streckenposten, wie groß mein Vorsprung sei - Umdrehen impliziert ja Schwäche, heißt es. Die Antwort gefällt mir ausgesprochen gut: "200 Meter vielleicht, 150
bestimmt". Ich rechne mir zusammen, dass ich auf dem letzten Stück um die 10 Sekunden/Kilometer gut gemacht haben muss. Rausnehmen wollte ich aber lieber nicht, wer weiß, was der Junge noch im
Köcher hat.
Als ich mehr und mehr beginne an den Sieg zu glauben, fang ich auch an, die Kilometersplits auf der Uhr zu checken. Wo Entspannung hätte einkehren können, kam neue Motivation auf. Eine
Extraprämie für eine Siegerzeit unter 1:17 h lässt mich rechnen. Ich komme zu dem Schluss: Oha, das wird eng. Auf einem tendenziell abschüssigen Streckenabschnitt laufe ich Kilometer 17 und 18 in
glatten 7 Minuten und die 1:16:XX kommt greifbar nah. Zuversicht kommt auf und wird wieder ein wenig zurück gedrängt als ich merke, dass der Wind auf den letzten 2 Kilometern von vorne bläst.
Aber der Puffer ist groß genug, so dass ich auf den letzten paar Metern sogar noch die Zeit übrig habe meiner Freude Ausdruck zu verleihen. Freude über den ersten Sieg nach fast 2 Jahren!
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