Müritz-Triathlon 2022

Wer das allgemeine Triathlon-Geschehen ein wenig mitverfolgt, wird es mitbekommen haben: Der Ironman Dresden wurde vier Tage vor seiner geplanten Premiere abgesagt. Wo sich aber die eine Tür schließt, so öffnet sich doch nicht selten eine andere. Noch am Abend vor der offiziellen Absage, als die Gerüchteküche schon am Überkochen war, habe ich mich also so wie viele andere dazu entschieden, mich für den Müritz-Triathlon anzumelden. Die Konsequenz aus der Absage in Dresden war eine Leistungsdichte an der Müritz, die diese Veranstaltung, die ohnehin schon immer gut besetzt war, nie zuvor gesehen hat. So fanden sich auf einmal 10 StarterInnen (, wenn ich mich nicht verzählt habe, ) mit Profi-Lizenz in der Meldeliste wieder.

Der Ausrichter MSC Waren lockt jedes Jahr nicht nur mit großzügigen Preisgeldern (bei den Männern bis Platz 6), sondern auch mit einer makellos organisierten Veranstaltung, attraktiven Strecken und familiären Flair. Es ist definitiv eine meiner Lieblingsveranstaltungen, bei der ich nun das vierte Mal am Start stehen darf. Es wäre sicher noch häufiger gewesen, wenn die Veranstaltung in der Vergangenheit seltener mit Regionalliga(-Nord)-Wettkämpfen auf ein Wochenende gefallen wäre. Ich verbinde echt schöne Erfahrungen mit dieser Veranstaltung. 2016 zum Beispiel durfte ich die Startnummer 1 tragen und erreichte das Podium. Insofern hatte die Absage des 70.3 Dresden, der den Start an der Müritz in diesem Jahr verhindert hätte, auch etwas Positives.  Auf jeden Fall ist der Müritz-Triathlon eine absolute Empfehlung!

Der Triathlon findet an einem Samstag statt und der Start ist auf 12 Uhr terminiert. Wie üblich reise ich mit dem Zug an. Erster Schockmoment am Berliner Hbf, wo ich den Zug fahren lassen muss, weil er dermaßen überfüllt ist, dass ich mit meinem Rad nicht mehr rein komm. Glücklicherweise fährt noch ein weiterer Zug ab einer nahegelegenen Bahnstation in Berlin, der mich kurz nach 11 in Waren absetzt. Der Start wurde zudem auf 12:15 verlegt. So bleibt mir etwa eine Stunde für den Check-in und die finale Vorbereitung.

Der Start erfolgt als Landstart. Da es sehr flach in die Müritz rein geht, ist das Ganze mit viel Laufen und Springen im Wasser, einigen Delphinsprüngen und schließlich dem richtigen Zeitpunkt, mit dem Schwimmen zu beginnen, verbunden. Alles nicht meins - Schwimmstarts und Freiwasserschwimmen im Allgemeinen. So verschwinden sämtliche Grüppchen nach wenigen Minuten vor meinen Augen am Horizont. Der Schwimmkurs ist eigentlich recht simpel und die äußeren Bedingungen sind wirklich gut, gerade für Müritz-Verhältnisse. Wenig Wellengang oder Strömung, Kälteschutzfreigabe und dafür eine angenehme Temperatur. Dennoch benötige ich schonmal für die erste von 2 Runden à 1 km knapp über 15 Minuten. Eingangs der zweiten Runde verliere ich bald sämtliche Konkurrenten aus dem Blickfeld und ebenso verhält es sich mit der Orientierung: Eine Boje, auf die man eigentlich direkt zuschwimmen soll, befindet sich irgendwann 50 m neben mir. Die zweite Runde ist damit für mich etwas länger als die erste. Nach etwa 32 Minuten kämpf ich mich als 22. aus dem Wasser. Nicht so wirklich das, was ich mir im Vorfeld ausgemalt hab - Egal, abhaken. Kann ja nur besser werden - oder?

Im Anschluss verbringe ich fast 2 lange Minuten mit dem ersten Wechsel. Es sitzt nicht unbedingt jeder Handgriff. Als die wenigen Meter vom Schwimmausstieg bis zu meinem Rad (Es steht ganz vorn in der Wechselzone) hinter mir liegen ist noch nichts erledigt. Also, bereits im Stehen den Neo auf, Pelle aus und Aero-Socken an. Letzteres braucht seine Zeit. Helm auf die Rübe und los.

Es dauert nicht lange, da fällt mir auf, dass meine vordere Scheibenbremse erst etwas singt, dann ein wenig ächzt und irgendwann permanent anfängt, zu kreischen. Iiieehhh, iiieeehhh... Knapp 2 Stunden lang. Im Wiegetritt verstummt das Quietschen manchmal und je nach dem aus welche Richtung der (meist Seiten-)Wind kommt, wird es mal lauter, mal leiser. Irgendetwas muss wohl während der Bahnfahrt passiert sein. Auf jeden Fall kann ich es jetzt nicht beheben, also muss ich wohl damit leben. Da das Wetter recht gut und der Wind für den Müritz-Triathlon ungewohnt sanft ist, war ein 40er-Schnitt eigentlich das Mindestziel. Am Ende hat es auch geklappt, nur eben mit - iiieeehhh, iiieeehhh - ein paar Watt mehr als angedacht. Ich steige nach 76,3 km in 1:54:22 als 16. von meinem Esel. Gut 3 Minuten weniger als letztes Jahr. Dafür mussten allerdings auch ganze 28 Watt mehr geleistet werden. Anders gesehen aber auch ein Leistungssprung beim Radfahren, mit dem ich mehr als zufrieden bin! Wer weiß, was da mit vernünftig zentrierten Bremsen drin gewesen wär... Nächstes Mal ¯\_(ツ)_/¯

Da ich ja schon Socken an hab, kann ich meinen ersten Wechsel (108-schnellster) wieder etwas gut machen. Mein zweiter Wechsel ist mit 38 Sekunden immerhin der schnellste im gesamten Feld. Die Laufstrecke betrete ich als 15. und erobere bereits kurz darauf Platz 14. Die folgenden 20 Kilometer sind dann aber alles andere als eine fulminante Aufholjagd. "Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen" lautet eher das Credo der nächsten 70 Minuten, denn trödeln tun hier die wenigsten. Coach Erik, der uns nachgereist ist gibt Zwischenstände und Abstände durch. Ich erfahre den Rückstand auf Platz 6 sowie meine eigene Platzierung. Einige Details gehen an mir vorbei, wie der Ausstieg eines vor mir liegenden Athleten, der im Vorfeld unter normalen Umständen in der Unschlagbarkeits-Schublade einsortiert war. Ich beende die erste der zwei Runden auf dem 11. Platz. Ich bekomme diese Information durch Erik ein weiteres Mal 9 km vorm Ziel, mit der Zusatz Info: "Nächster ist 1:10 vor dir, eine Zweiergruppe 1:30 vor". Der Kilometerschnitt wandert allmählich von 3:35 auf 3:40. Es wird härter und härter. Aufgeben will ich aber nicht - nicht dieses Mal. Ein weiterer Kontrahent steigt unbemerkt aus, gegen Ende mache ich noch zwei weitere Plätze gut, befinde mich auf Platz 8. Mit dem letzten Kilometer vor mir begegnet mir Erik ein letztes Mal und gestikuliert wild und ruft, Paul sei direkt vor mir und etwas von "200ern" (in Anlehnung an die letzte Bahneinheit) und "langen Schritten". Ich beiß die Zähn zusammen und verändere den Schritt. Dreihundert Meter vorm Ziel schaff ich es tatsächlich noch einen Platz gut zu machen und laufe mit der drittschnellste Laufzeit (1:12:14, nur 4 Sekunden langsamer als 2021) als 7. über die Ziellinie. Im Ziel erfahre ich etwas später, das einer der Athleten vor mir eine Zeitstrafe kassiert hat, und so lande ich schlussendlich doch noch auf Platz 6 - dem letzten Preisgeldrang.

Und die Moral von der Geschicht'? Kämpfe bis zum letzten Meter, denn du weißt nicht, wofür es am Ende noch gut sein kann. Dass sich der Kampf am Ende buchstäblich ausgezahlt hat, ist das i-Tüpfelchen eines herrlichen Renntages. Da spielten eine Menge (für mich glückliche) Umstände eine entscheidende Rolle. Das Problem mit den Bremsen wird dagegen bis zum nächsten Renneinsatz behoben und die Sache mit dem Schwimmen bleibt erstmal weiterhin eine Herausforderung für die Zukunft.

 

Danke an den MSC Waren, an die freundlichen Helfer, an Jens fürs Mitnehmen und an Erik. Glückwunsch an alle Platzierten und Finisher!

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