Irgendwo zwischen einem Wettkampf, den man "einfach mitnehmen" will, wenn die 70.3 WM schon mal wieder nach Europa kommt und einem Kräftemessen, bei dem man doch wieder das absolut beste aus sich rausholen will. Das war die diesjährige Ironman WM über die halbe klassische Distanz. Es ist der zweite Anlauf nach 2019, zu der Zeit in Nizza, dieses Mal im finnischen Lahti, knapp 100 km nördlich von Helsinki. Mehr noch als letztes Mal, definiere ich meine Ziele mit Ambitionen. Ein Platz unter den ersten 20 innerhalb der Altersklasse wäre großartig, eine Top 10 ein absoluter Traum. Im Grunde ist es exakt wie mit meinen Hawaii-Ambitionen (2018 mit Platz 82, 2022 mit Platz 13), bloß um ein Jahr versetzt. Unsere Unterkunft befindet sich im beschaulichen Hyrylä, unweit vom Flughafen in Helsinki. Nachdem am Samstag die Frauen die Weltmeisterschaften unter sich ausgefochten haben, folgen am Sonntag, den 27. August die Männer.
Zunächst das Profifeld um 7:30 Uhr und dann nach und nach in Wellen und im Rolling-Start die einzelnen Altersklassen. Meine Altersklasse beginnt um 8:06 Uhr, für mich startet die Uhr um etwa 8:10 Uhr. Das Schwimmen könnte einfacher nicht sein. Auf den 1,93 km müssen nur drei 90°-Kurven geschwommen werden. Von Wellen, Gedränge und unangenehmen Temperaturen keine Spur. Zudem wurden alle 500 Meter Bojen platziert, so dass man immer genau wusste, wieviel man schon geschafft oder noch vor sich hat. Ausreden gibt es eigentlich keine. Dennoch verlasse ich das Wasser erst nach etwas über 30 Minuten. Meine mäßigen Schwimmleistungen ziehen sich konsequent durch die Saison. Von den Rund 500 Startern meiner Altersklasse verlasse ich den schönen See in Lahti als 92. Der Wechsel verläuft geschmeidig, ich finde die einstudierten Wege und mache in der T1 bereits 23 Plätze gut.
Der 90 Kilometer lange Radkurs ist mit ordentlich Höhenmetern gespickt. Es waren jedoch keine richtigen Berge zu erklimmen, noch schwierige Kurven zu meistern. Da es am Wettkampftag dazu noch nahezu windstill ist, zeigt sich der Radkurs als schnelles Pflaster. In der Spitze werden hier sogar Zeiten von unter 2 Stunden auf den Asphalt gezaubert. Dummerweise fängt es, sobald wir Lahti verlassen, ordentlich zu schütten an, fortan geht der Regen auch mal in Nieseln über, nass bleibt es aber auf jeden Fall. Die ersten 10-15 km fahre ich recht strikt nach Leistung (240 W) und finde mich irgendwann in einem Grüppchen wieder. Hier und da geht eine Lücke auf, die es zu zufahren gilt, hier und da wechselt die Reihenfolge und Besetzung unserer Gruppe, hier und da werden Athleten der vor uns gestarteten Altersklassen überholt. Alles in allem war es für mich ein sehr konservatives aber erfolgreiches Fahren. Nach 2:17 h auf dem Rad, beziehungsweise einem Schnitt von über 39 km/h, kann ich mit genügend Kraftreserven auf die Laufstrecke gehen. Dennoch bin ich im Nachhinein verblüfft, dass diese Radzeit lediglich die 119. in meiner Altersklasse ist - verrückt. Somit steige ich als 84. vom Rad und starte das Laufen nach einem weiteren soliden Wechsel als 76.
Aufgrund des großartigen Kursdesigns dieser WM habe ich mich auf jeden einzelnen Abschnitt, sogar ein bisschen auf die doch recht langen und komplizierten Wechselzonen der Agegrouper, gefreut. Am meisten fiebere ich aber, wie so oft, aufs Laufen hin, denn Laufstrecke hat es ordentlich in sich! Ein recht flacher, aber sehr langer Anstieg zu beginn beider Runden und einige kurze Rampen hoch und runter. Großartig! Leider merke ich bereits zu Beginn der Laufstrecke, dass ich in Sachen Ernährung 2 Tagen vor dem Rennen und am Rennmorgen nicht allzu diszipliniert war. Die Dinge sind nicht eskaliert, aber die Summe vieler Kleinigkeiten hat letzten Endes dazu geführt, dass man Verdauungstrakt nicht zu 100% kooperiert war. Long story short: Nach knapp drei Laufkilometern hatte ich mir eine 80-sekündige Pause auf dem Dixi gegönnt. Weiter geht's, Kilometer um Kilometer arbeite ich mich durchs Feld und mache Plätze gut. Die erste der zwei anspruchsvollen Runden liegt nach exakt 39 Minuten hinter mir. Mittlerweile liege ich in den Top 50 meiner Altersklasse und laufe zusammen mit dem schnellsten Amateur im gesamten Feld, welcher etwa 20 Minuten nach mir gestartet ist und zuvor unter 2h fürs Radfahren benötigte, zusammen. Bis ins Ziel ändert sich daran auch nichts. Toilettenpause sei Dank, absolviere ich die zweite Runde deutlich schneller als die erste und mit dem fünftschnellsten Laufsplit (1:17:42) auf dem schönen, wenn auch anspruchsvollen Kurs als 17. meiner Altersklasse ins Ziel!
Unterm Strich bin ich zufrieden mit meiner Leistung und dankbar, dass dabei eine so gute Platzierung herausgekommen ist! Klar, in einem "perfekten Rennen", etwas mehr Risiko beim Radfahren und asketischer Disziplin im Vorfeld des Rennens wäre möglicherweise eine Top 10 drin gewesen... aber welches Rennen ist schon perfekt? Wie gesagt: Ich denke, ich kann wirklich zufrieden sein und Spaß gemacht hat's alle Male! Beim nächsten Mal gerne mit etwas weniger Regen, aber ansonsten war's prima!
Kommentar schreiben