Ironman 70.3 Poznan

Mit dem Ironman 70.3 in Posen stand die vierte Mitteldistanz dieser Saison und damit das nächste Highlight für mich an. Glücklicherweise bin ich von jeglichen Krankheiten und Verletzungen verschont, konnte gut trainieren und wollte dieses Mal auf jeden Fall meine Leistung abrufen. Das alles sicher nicht ohne Grund: In dieser Saison liefen meine Wettkämpfe nicht komplett zufriedenstellend. Dieses Mal sollte es anders werden. Ähnliches gilt, wenn ich auf meine bereits absolvierten Ironman 70.3 zurückblicke: Im Mai 2019 begann es mit dem Qualifikationsrennen für meine erste 70.3 Weltmeisterschaft. 2 Wochen zuvor bremste mich eine Wadenzerrung aus. Ich konnte den Wettkampf dennoch mit einem 7. Platz und der Qualifikation für die WM in Nizza absolvieren! Die WM startete für mich aus der hintersten Reihe der Altersklasse. Statt mich im Wasserschatten mitziehen zu lassen, war überholen angesagt. Gefolgt von einem sehr defensiven Radfahren auf einem Rennrad statt auf einem Zeitfahrrad konnte ich im September 2019 mit einem guten Lauf immerhin noch in die Top 100 der Altersklasse (Platz 89) vorstoßen. Corona-Pause. Nächstes Rennen 2021: Ein Rennen zum vergessen, aber nicht wegen der sportlichen Leistung oder dem Ergebnis sondern wegen Kälte, Regen, Wind, "schwierigen" Straßenverhältnissen. Der Ironman 70.3 Dresden. Aber auch dieses Rennen konnte mit einer erfolgreichen Qualifikation für die nächste WM beenden und ergatterte sogar auf den letzten Metern die Bronzemedaille, also vielleicht doch ein Erlebnis zum Erinnern? Für die nächste WM, 2022 in Lahti, waren meine Ambitionen ganz andere als in Nizza. Dieses Mal habe ich von den Top 10 geträumt. Das Ergebnis war ein 17. Platz, durchaus zufriedenstellend für eine WM, wäre der Rennverlauf so gewesen wie erhofft. Wieder ein Start von viel zu weit hinten, eine Schwimmzeit von über 30 Minuten bei eigentlich guter Schwimmform, dafür ein gutes Radfahren. Es folgte ein wirklich gutes Laufen, wäre da nicht ein Dixi-Stopp gewesen, der 80 Sekunden gekostet hat. Top 10 wäre wohl drin gewesen. Der dritte Qualifikationswettkampf folgte dann erst 2024, im August in Tallinn. Die Form war super, bis zum Montag der Rennwoche, als ich mir am Montag eine Lebensmittelvergiftung einfing, 2 Tage im Bett lag und bis zum Vorwettkampfabend praktisch so gut wie nichts konnte. Dass es am Wettkampftag für Platz 2 in der Altersklasse reichte, grenzt an ein Wunder. Trotz einem Halbmarathon am Ende über 1:20 h, der langsamste in allen meinen 70.3-Rennen, fehlten am Ende nur 10 Sekunden auf den Sieg in der Altersklasse. Mit dem Gedanken, dass im gesunden, fitten Zustand 10 Minuten drin gewesen sein müssen, schwang aber auch hier etwas Unzufriedenheit mit. Nichts desto Trotz war ich aber in erster Linie dankbar und freute mich auch über die 3. Qualifikation (für Marbella im November diesen Jahres) im 3. Quali-Rennen.

Das Ziel für Posen ist ambitioniert: In dem Rennen soll einfach mal alles klappen, und wenn es das Schicksal so will, hoffe ich am Ende auf den Sieg in der Altersklasse. Mit der Qualifikation für die Ironman 70.3 WM 2026 wollte ich auch gerne meine 100%-Quali-Quote beibehalten^^.

Zusammen mit Vereinskollege Vinnie und seiner Freundin Chi geht es also Richtung Osten. Entspannte Anreise, relativ entspannte Tage vor dem Wettkampf. Der Samstag war etwas verregnet, dennoch macht das Ablaufen der Laufstrecke absolut Lust auf mehr. Nicht komplett flach, etwas verwinkelt, aber richtig abwechslungsreich. Nach Rad-Checkin machen wir uns noch ein letztes Mal mit dem See, in dem morgen geschwommen wird, vertraut. Keine Wellen, relativ klares Wasser, angenehme Temperatur fürs Schwimmen mit Neo. Apropos: Den Neo vergesse ich an der Badestelle, bemerke es aber erst, als wir wieder in der Stadt sind. Danke und sorry an Vinnie fürs erneute Fahren zum See. Der Neo war zum Glück noch da! Der Rennmorgen verlief ähnlich verplant. Während ich beim Aufpumpen eines meiner Ventile zerstöre, stellt Vinnie fest, dass er sein Zeitmesschip vergessen hat. Glücklicherweise haben wir noch genug Zeit, um beide Probleme zu lösen. Meinen TPU-Schlauch konnte ich noch gegen Butyl wechseln - Muss ich halt ein Watt mehr treten, Hauptsache es rollt. Im Gegensatz zum Vortag ist es trocken, außerdem Windstill, nicht zu kalt und sicher nicht zu warm. Damit ist es angerichtet.

Ab dem Startschuss läuft alles am Schnürchen. Ich suche Füße, hänge mich rein, hier und da versuche ich Lücken zu schließen und mir neue Füße zu suchen, immer wenn ich das Gefühl habe, gerade so dran bleiben zu können, verweile ich an den Füßen. Nach 31:28 Minuten verlass ich das Wasser. Bis letzte Saison wäre ich mit der Zeit absolut nicht zufrieden gewesen, aber gemessenen an meinen anderen Schwimmleistung in dieser Saison bin ich's doch. Außerdem fallen alle Schwimmzeiten heute insgesamt trotz scheinbar perfekter Bedingungen nicht allzu schnell aus. Keine Ahnung, warum. Auf jeden Fall liege ich damit auf Platz 11 in meiner Altersklasse, die am Ende 129 Finisher zählt, und das nehme ich doch gerne mit.

Für den Wechsel aufs Rad darf man zunächst ein paar Meter zu Fuß bergauf absolvieren. Bei mir läuft es recht geschmeidig. So kann ich mit dem drittschnellsten Wechsel in meiner AK bereits auf Position 8 auf die schnelle Radstrecke gehen.

Als Ziel habe ich mir vorgenommen, möglichst konstant zwischen 240 und 250 Watt zu treten. Auf der schnellen Strecke dürfte das doch für einen Kilometerschnitt von mindestens 40 km/h reichen, oder?

Die ersten 5 km sind dann aber doch etwas holprig, der Asphalt nicht optimal, gespickt mit ein paar speed bumps. Danach heißt es dann aber nur noch: Kopf runter und treten. 10 Kilometer liegen nach knapp 15 Minuten hinter mir, 40er-Schnitt. Ich mach ein paar Plätze gut, trete allerdings erstmal konstant ein wenig über 250 W, aber die Beine scheinen es heute her zu geben, fühlen sich gut an. Es gibt keine Engen Kurven, steile oder lange Anstiege, lediglich eine Wende nach 44,5 km. Eine absolute High-Speed-Strecke!

Bis zur Wende vergehen für mich kaum mehr als 65 Minuten, ein Schnitt von 40,9 km/h mit, bis hier, 251 W. War da vielleicht doch etwas Rückenwind im Spiel? Wohl eher nicht, denn mit gleicher Leistung und gleicher Geschwindigkeit geht es nun auch wieder zurück Richtung Posener Zentrum.

Nach etwa 50 km schließt Vinnie gemeinsam mit ein paar Begleitern auf und überholt mich. Bis hier bin ich im Wesentlichen allein gewesen, kann mich nun aber ranhängen. Mein Leitgedanke ist ab hier im Wesentlichen: 'Mach jetzt bloß keinen Scheiß, mindestens 12 Meter Abstand, ich will auf keinen Fall eine Zeitstrafe (wie in Hamburg)'. Hier und da schaut auch ein Kampfrichter vorbei, aber ich bin brav, alles geht gut. Auch mit "Sicherheitsabstand" lassen sich durchaus ein paar Joule sparen, so erreiche ich nach 90,1 km, einer Durchschnittsleistung, die sich am Ende auf 241 W runterreguliert hat und einer Zeit von 2:10:59 h (41,3 kmh im Schnitt) die zweite Wechselzone.

Durch den schnellsten Wechsel in meiner AK kann ich, auch wenn nicht jeder Handgriff perfekt sitzt, wieder ein paar Sekunden gut machen. 0,7 km nach dem Start des Halbmarathons erhalte ich erstmals Informationen über meine Positionierung von Chi, und was ich höre, gefällt mir mehr als gut! Platz 4 innerhalb der Altersklasse - Wer hätte das gedacht? Ich finde meinen Rhythmus schnell und spule die Kilometer gleichmäßig zwischen 3:30 und 3:40 ab.

Der Laufkurs besteht aus 4 Runden à circa 5,5 km und läuft durch 2 Parks. Es ist an sich nicht unbedingt die aller schnellste Strecke, aber zumindest sehr abwechslungsreich. Fortan erhalte ich 2 Mal pro Runde Infos über Abstände und Platzierung. Danke dafür! Bereits zu Beginn der 2. Runde liege ich auf Platz 2 und kann den Abstand nach ganz vorn stetig verkürzen. 10 Lauf-Kilometer liegen nach 35:37 Minuten hinter mir. Mit der zweiten Laufrunde gelingt es mir dann bereits den Rückstand durch das konstante Lauftempo zu egalisieren. Ich befinde mich an der Spitze meiner Altersklasse! Mein Vorsprung wächst peu à peu, aber mein Konkurrenz läuft auch äußerst stabil. Ich will auf gar keinen Fall etwas riskieren, hoffe in erster Linie, dass einfach nur alles Hält. Keine Krämpfe, keine Verdauungsprobleme, kein Umknicken und keine unerwartete Endbeschleunigung des Zweitplatzierten. Es klappt alles, mein Tempo bleibt konstant, ich muss nicht das aller letzte Prozent aus mir rausholen und kann somit die letzten Meter genießen. Mit meinem bislang schnellsten Laufsplit (1:14:36 für 20,86 km laut GPS-Messung) in einem Ironman 70.3, dem neuntschnellsten im gesamten Feld inklusive Profis, bin ich wirklich mehr als zufrieden. Nach einer Gesamtrenndauer von 4:02:18 hatte ich mit 72 Sekunden Vorsprung auf den Zweitplatzierten allerdings auch nicht allzu viel Spielraum. An diesem Tag griff aber endlich mal ein Zahnrad ins andere. Es war ein perfektes Rennen für mich, und dafür bin ich, auch noch Tage später, unendlich glücklich, zufrieden und dankbar!

 

Ergebnisliste

 

Wettkampfaufzeichnung

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